Der Gesamtbetrieb auf allen BSE-Strecken einschließlich der Zweig- und Anschlußbahnen wurde am 15.02.1902 aufgenommen. Übergabebahnhöfe waren Braunschweig-Gliesmarode Ost (zur Braunschweigischen Landes-Eisenbahn -BLE-), Mattierzoll-Süd (zur Kleinbahn Heudebar-Mattierzoll -KHM-) und Schöningen-Süd (zur Oschersleben-Schöninger Eisenbahn -OSE-). In beiden letztgenannten Bahnhöfen gab es auch Übergabegleise zur Staatsbahn - ferner waren in Lucklum, Wittmar und Hoiersdorf längere Anschlußbahnen zu Großkunden vorhanden. Nach Verstaatlichung der BLE wurde ab 1938 in Braunschweig-Ost an die Deutsche Reichsbahn angeschlossen.
Abbildungen 1 bis 3: Eine Aktie der BSE aus dem Jahr 1956, daneben ein Genußrechts-Anteilsschein aus dem Jahr 1926. Ferner abgebildet ist eine Anzeige der BSE, die kurz nach dem II. Weltkrieg erschien. |
Die BSE-Reisezüge endeten in Braunschweig zunächst auf dem BLE-Bahnhof Braunschweig-Nord. 1920 entstand als BSE-Endpunkt der Bahnhof Braunschweig-Nordost und für den BLE-Umsteigeverkehr der Haltepunkt Querumer Straße. Da die BSE-Reisezüge stets fernab vom Braunschweiger Zentrum bzw. Hauptbahnhof endeten, gab es bereits seit den 1930er Jahren einen BSE-Busverkehr mit dem Ziel Hauptbahnhof. Viele der BSE-Bahnhöfe lagen abseits der Ortschaften und besaßen deshalb Abstellschuppen für Fahrräder und meistens Warteräume mit Bierausschank. Wegen der hohen Güterverkehrsleistungen war der BSE-Personenverkehr stets nur ein im Fahrplangefüge störender Mitläuferverkehr. Eine Modernisierung durch Umstellung auf kostengünstigere und schnellere Triebwagen fand somit nicht statt und der BSE-Reisezugverkehr blieb stets defizitär. Mehr als drei Zugpaare/Tag und Streckenast gab es nie - die Züge liefen jedoch teilweise bis Hessen (KHM) und Hötensleben (OSE) durch. In Friedenszeiten wurde die höchste Reisendenzahl im Jahr 1928 mit 382253 Reisenden erzielt - die absolute Rekordzahl wird mit den "Hamsterfahrten" des Jahres 1948 mit 872000 Reisenden erreicht.
Abbildung 4: Machmal gibt es auch glückliche Umstände: ein netter Eisenbahnfreund aus Hessen, der 1972 im verlassenen
Bahnhof Hötzum Unterlagen der BSE geborgen hatte, hat mir freundlicherweise u.a. diese Ruftafel überlassen.
Bemerkenswert ist, daß auf dieser Tafel, die auch noch nach 1945 eingesetzt wurde, sowohl die Rufzeichen der BSE als auch die der OSE verzeichnet sind. |
Im Güterverkehr dominierten Braunkohle, Düngemittel, Salz und Zuckerrüben. Nach Stillegung der Zuckerfabriken Rautheim (1939) und Salzdahlum (1950) baute die BSE diverse moderne Rübenumschlaganlagen, um weiterhin die Transporte auf der Schiene halten zu können. Die Spitzentonnage im Güterverkehr wurde im Jahr 1943 mit 564000 t erreicht.
Trotz Wegfall der Hötenslebener Braunkohlentransporte zu den Fabriken entlang der BSE und nach Braunschweig konnten in den 50ger Jahren noch durchschnittlich 350000 t/Jahr transportiert werden. Die Masse dieser Tonnage kam von den Kalk- und Zementwerken in Hemkenrode und Hoiersdorf, vom Schacht Asse und von der Saline Schöningen.
Ab 1964 wurden aus dem BSE-Bahnbetrieb keine Gewinne mehr erzielt, zeitgleich entfielen mit der Schließung der Schachtanlage in Wittmar erhebliche Frachten (ca. 30 bis 40 Waggons/Tag). Wegen der Stillegungsgerüchte verlagerte das Werk Hemkenrode 1969 seine Transporte auf den LKW und mit der Schließung der Saline Schöningen 1970 gab es keine der früheren BSE-Großverlader mehr.
Vor der Stillegung der Asse wurden jährlich bis zu 400.000 t befördert; 1967 waren es nur noch 202.000 t; davon 60.000 t landwirtschaftliche Güter, 28.000 t Schöninger Salz, 18.000 t Öl und Benzin für Schöningen, 17.000 t Düngemittel und 35.000 t Kohle für das Elmkalkwerk Hemkenrode.
Die BSE wurde in den letzten Jahren im Zugleitbetrieb betrieben. Sitz des Zugleiters war Gliesmarode-Ost - die Unterwegsbahnhöfe waren unbesetzt. Am 31.07.1971 stellte die BSE ihren Betrieb ein. Der Busverkehr, der von der "BSE Kraftverkehrsgesellschaft mbH" durchgeführte wurde, wurde zum 31.12.1971 von der Deutschen Bundesbahn übernommen.
In der beim Bahnhof Wittmar gelegenen Schachtanlage Asse II begann man 1908 mit dem Abbau des Kalisalzes Carnallitit, das in einer in Wittmar gelegenen Fabrik verarbeitet wurde. Jedoch wurde bereits 1925 die Förderung wieder eingestellt. Nach diversen Umbauten begann im Jahr 1967 die Versuchseinlagerung radioaktiver Abfälle in den Schacht Asse II, wobei der größte Teil des radioaktiven Abfalls aus den Forschungszentren Karlsruhe und Jülich stammt. Die Anlieferung von Eggenstein (Forschungszentrum Karlsruhe) erfolgte ursprünglich per LKW und wurde erst später auf den Bahntransport umgestellt. Die Anlieferung erfolgte auf der Schiene bis Wendessen in pa-Behältern (Haus-zu-Haus-Verkehr der Deutschen Bundesbahn) und dann als Straßentransport.Für das Jahr 1970 wurden ca. 3.000 t an radioaktiven Abfällen erwartet; die Planungen gingen davon aus, daß im Jahr 1980 täglich 9 bis 10 Wagenladungen zugestellt werden. Bei 25 t bis 40 t pro Waggon wären dies ca. 300 t täglich gewesen.
Abbildung 5 bis 8: Im Bahnhof Wendessen wurden die pa-Behälter mit den radioaktiven Abfällen (hier verpackt in Betonbehälter) vom Güterwagen in das Straßenzustellfahrzeug umgeschlagen. Die Aufnahmen (© Jürgen Kumlehn, Wolfenbüttel) wurden freundlicherweise vom Bildautor zur Verfügung gestellt. |
Da 1976 das Atomgesetz geändert wurde, mußte die Einlagerung von radioaktiven Abfällen in den Schacht Asse II - nach Ablauf einer Übergangsfrist - im Jahr 1978 beendet werden. Das Teilstück Wittmar - Groß-Denkte der BSE (mit Neuanschluß an den Bf Wendessen) wurde im Jahr 1978 wieder aufgebaut und als Grubenanschlußbahn betrieben. Über dieses Gleis wurde der Abraum der Halde Ronnenberg (bei Hannover) zur Verfüllung des Versuchsendlagers Asse angeliefert.
Abbildung 9 bis 14: Lokomotiven der VPS übernahmen die Beförderung des Abraums von der Halde in Ronnenberg zur Asse. Die in den Jahren 2000 bis 2003 angefertigten Aufnahmen zeigen den Zug in Ronnenberg, bei der Durchfahrt durch den Bahnhof Hannover-Linden, bei Rössing (mit der Marienburg und der Zuckerfabrik Nordstemmen im Hintergrund), im Übergabebahnhof zur Deutschen Bundesbahn bei Wendessen und im Gefälle bei Denkte. Die beiden letzten Bilder zeigen den Zug auf seiner Rückfahrt nach Ronnenberg. |
Seit einigen Jahren führt der Verein Braunschweiger Verkehrsfreunde e.V. mehrmals im Jahr unter dem Namen "Asse-Bummler" Sonderfahrten zwischen Braunschweig und Wittmar durch. Auf dem Teilstück Wendessen - Wittmar wird dabei ein Teilstück der (wiederaufgebauten) Strecke der BSE benutzt.
Abbildung 15 bis 18: Der "Assebummler" auf dem Streckenstück zwischen Wendessen und Wittmar. Am 16.07.2006 setzte der VBV statt einer vereinseigenen Lokomotive die Dampflokomotive 24 083 ein, die von einer ehemaligen Werklok des Volkswagenwerks in Wolfsburg als Schublokomotive unterstützt wurde. |
Der bereits in der Beschriftung zu Abbildung 4 erwähnte Eisenbahnfreund aus Hessen hat mir auch einige Bild- und Buchfahrpläne überlassen; einige interessante Seiten sind nachfolgend abgebildet.
Abbildung 19: Bildfahrplan, gültig ab 03.10.1966 (für die Dauer der Rübenkampagne), Strecke Braunschweig-Gliesmarode Ost - Schöningen Süd | |
Abbildung 20: Bildfahrplan, gültig ab 03.10.1966 (für die Dauer der Rübenkampagne), Strecke Braunschweig-Gliesmarode Ost - Mattierzoll Süd | |
Abbildung 21: Buchfahrplan, gültig ab 03.10.1966 (während der Rübenkampagne), Titelseite | |
Abbildung 22: Buchfahrplan, gültig ab 03.10.1966 (während der Rübenkampagne), G 301W (Sa) | |
Abbildung 23: Buchfahrplan, gültig ab 03.10.1966 (während der Rübenkampagne), G 302W (Sa) |
In den Kursbüchern der Deutschen Bundesbahn waren die Strecken Braunschweig-Nordost nach Schöningen-Süd bzw. nach Mattierzoll-Süd unter der Tabelle 206 f verzeichnet.
Abbildung 24 und 25: Auszug aus dem amtlichen Taschenfahrplan "Niedersachsen und Freie Hansestadt Bremen", Winterfahrplan 02.10.1949 - 13.05.1950 |
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Abbildung 26 und 27: Auszug aus dem amtlichen Taschenfahrplan "Niedersachsen, Ostwestfalen-Bremen", Sommerfahrplan 14.05.1950 - 30.09.1950 |
Abbildungen 28 und 29: Ein befreundeter Hobbykollege fand 1971 beim "aufräumen" im Bahnhof Schöningen-Süd die beiden wiedergegebenen Fahrkarten. |
Eine sehr ausführliche Darstellung zur Braunschweig-Schöninger Eisenbahn hatte Marc Lewandowski auf seiner Homepage www.eisenbahngeschichte-bs.de in insgesamt sechzehn Teilen verfasst. Leider sind diese Seiten nicht mehr verfügbar.