Persönliche Gedanken zum Eisenbahn-Modellbau

Mein Werdegang zum Modellbahner

Die Beschäftigung mit der Modelleisenbahn begann mit meinem dritten Lebensjahr; die Modelle stammten - wie konnte es in der Zeit auch anders sein - zunächst von Märklin und Faller. Unter Mithilfe meines Vaters wurde im Laufe der Jahre auf einer Tischlerplatte eine stationäre Anlage aufgebaut. Anhand von Gleisplanbüchern entstand eine Gleisanlage in Form einer "Acht". An Ausstattung war nahezu alles vorhanden, was in den 1970er Jahren üblich war: es gab Brücken, eine Wassermühle, einen zweiständigen Lokschuppen mit Bekohlungsanlage, ein Containerterminal, ein Kieswerk, ein modernes Stellwerk, alte Fachwerkhäuser, und, und, und. Eigentlich paßte nichts so richtig zusammen. Im Verlaufe der Jahre stiegen meine Ansprüche und einige Bereiche auf der Anlage wurden vorbildorientierter gestaltet. In den siebziger Jahren begann die Abwendung vom "Marktführer" Märklin hin zu Firmen, die Modelle bauten. Es fing mit der Beschaffung von Fahrzeugen der Firma Röwa an, die für die damalige Zeit sensationell detailliert waren. Fasziniert haben mich auch die modernen Schnellzugwagen, deren Länge "nur" noch im Längenmaßstab 1:100 verkleinert war. Verglichen zu den Blechwagen von Märklin (mit einer Länge von ca. 24 cm) ein wahrer Quantensprung. Zu der Zeit setzte auch mein Interesse für Klein- und Nebenbahnen ein: es wurden Personenwagen zweifarbig lackiert und eine Dampflok der Baureihe 81 als Privatbahnlok beschriftet. Schließlich war es soweit: die Märklin-Anlage wurde zerlegt; Gleis- und Rollmaterial sowie Gebäude wurden verkauft.

Der Autor im Jahr 1962
Die Märklin-Anlage Die Märklin-Anlage
Die Märklin-Anlage

Abbildungen 2 und 3: Einige Fotos verdeutlichen, wie sehr die "Platte" mit Märklin-Gleisen und den von den Zubehörherstellern angebotenen Gegenständen ausgefüllt war.

Abbildung 4: Ibra, ein Gast aus dem Senegal, zeigte sich im Jahr 1976 beeindruckt von der Fülle des Gebotenen. Selbstverständlich mußte auch ein Erinnerungsfoto an den Besuch angefertigt werden.

All zu viel hatte ich noch nicht gelernt, denn gleich nach dem Abbruch der Märklin-Anlage wurde die Planung einer größeren Zweileiter-Gleichstrom-Anlage aufgenommen. Unvermeidlich war denn auch das allseits beliebte Thema: zweigleisige Hauptbahn mit abzweigender eingleisiger Nebenbahn. Aus Geld- und Platzmangel heraus konnte nur ein fiktiver Kopfbahnhof einer Privatbahn ("Detmold-Nord") realisiert werden. Gebaut wurde auf Spanplatten-Segmenten unter Verwendung von Weichen mit einem großem Radius. Infolge des Studiums verblieb nicht mehr viel Zeit, die Interessen verschoben sich (u.a. wurde in der Zeit das Diorama des Straßenbahn-Depots der LEAG in Detmold gebaut) und demzufolge wurde der Bahnhof "Detmold-Nord" nicht fertiggestellt. Hervorheben möchte ich aber, daß ich bereits viel Wert auf die Detaillierung der Modelle und den Selbstbau gelegt hatte. So wies beispielsweise das Empfangsgebäude eine Inneneinrichtung auf, ein Fabrikgebäude wurde aus Mauerplatten errichtet, die Bahnsteige wurden mit Unterführungen versehen,Seilzug-Kanäle wurden verlegt etc.

Die Anlage Detmold-Nord Die Anlage Detmold-Nord
Die Anlage Detmold-Nord Die Anlage Detmold-Nord

Abbildungen 5 bis 8: Die Zweileiter-Gleichstrom-Anlage "Detmold-Nord" war auf einzelnen ca. 1 m langen Spanplatten aufgebaut, die mit einem Regalsystem an der Wand befestigt wurden. Wie man erkennen kann, war sogar die Nachbildung einer schmalspurigen Straßenbahn vorgesehen.

Abbildung 9: Angedacht war, daß eine Privatbahn - die Lippische-Landes-Eisenbahn (LLE) - neben der Deutschen Bundesbahn einen Teil der Verkehrsaufgaben übernimmt. Hierfür wurden einige Fahrzeuge in den Landesfarben gelb-rot lackiert und entsprechend umbeschriftet.

Die Anlage Detmold-Nord

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch die Mitgliedschaft in einem Modelleisenbahnverein. Ende der sechziger Jahre hatte ich als Geschenk ein Buch aus dem Bertelsmann-Lesering erhalten. Unter dem Titel "Unsere Modelleisenbahn" berichtete Gerhard Rosenzweig über Anregungen für den Kauf, für die Gestaltung der Anlage und für die Fahrpraxis. Da Literatur zum Thema Modellbahn zu der Zeit nicht reichlich vorhanden war, war die Lektüre des Buchs recht aufschlußreich für mich. Besonders begeistert hatte mich ein Bild, in dem gezeigt wurde, wie die Modelleisenbahnfreunde Köln aus zwei verkürzten Modellen eines Reisezugwagens ein maßstäbliches Modell angefertigt hatten. Das fand ich spannend, dem wollte ich gerne nacheifern. Mitte der 1970er Jahre wurde endlich in der Nachbarschaft meines Wohnorts ein Modelleisenbahnklub, die Eisenbahnfreunde Lippe, gegründet. Da eine Beteiligung an den Klubaktivitäten aufgrund mangelnder Fahrmöglichkeiten nicht möglich war, erfolgte erst 1978 der Beitritt. Obwohl ich mit anderen an einer gemeinsamen Modellbahnanlage gewerkelt habe, haben sich meine in den Klub gesetzten Hoffnungen leider nicht vollständig erfüllt. Meine Vorstellungen von einer Modellbahnanlage und vom Betrieb auf dieser waren leider nicht mehrheitsfähig. Die Entscheidung fiel zugunsten eines großen Durchgangsbahnhofs (mit BW, aber ohne nennenswerte Anzahl an Gütergleisen) mit anschließenden "Paradestrecken" aus. Als Trostpflaster wurde mir und anderen Mitstreitern ein Endbahnhof an der aus dem Hauptbahnhof abzweigenden Nebenbahn zugestanden; aber auch dieses Konzept wurde nur halbherzig unterstützt. Die Masse der "Würstchenkocher" (wie ein befreundeter Modellbahner diese Spezies von "Modelleisenbahnern" - wie ich finde sehr zutreffend - einmal bezeichnete) wollte halt möglichst viele Züge fahren sehen. Auch hinsichtlich der modellbauerischen Fähigkeiten war eine Weiterentwicklung in diesem Verein nicht möglich; zunächst ruhte die aktive Mitgliedschaft, schließlich wurde gekündigt.

Der Freundeskreis Europäischer Modellbahner (FREMO)

Im Verlaufe des Studiums lernte ich bei Besuchen der Bahnhofsbuchhandlung Bielefeld die Vereinszeitschrift Hp1 des Freundeskreises Europäischer Modelleisenbahner (FREMO) und habe ich sie in der Folge regelmäßig erworben. Irgendwann kam der Gedanke auf, daß der Mitgliedsbeitrag den Preis für die Zeitschrift nicht wesentlich überstieg; also erfolgte der Beitritt zum FREMO und auch ein Besuch von Treffen.
FREMO-Treffen 1993 in Hotteln

Erstmals nahm ich im Jahr 1993 bei einem privaten Treffen in Hotteln aktiv am FREMO-Betrieb teil. Fasziniert von dem Betrieb auf einem großen Modellbahnarrangement, wollte ich eigene Module bauen. Bei einzelnen FREMO-Treffen führte ich Gespräche mit erfahrenen FREMO-Mitgliedern und fand heraus, was an Modulen für die Arrangements noch gebraucht wird. Es bestand der Wunsch nach einem kleinen Bahnhof/Haltepunkt oder einer Anschlußausweichstelle. Bei meinen Forschungen zum Bahnhof Schöningen-Süd war ich irgendwann auf die Oschersleben-Schöninger Eisenbahn (OSE) gestoßen. Da sich diese hinter dem eisernen Vorhang, in der DDR befand, war mir diese Bahn nicht bekannt geworden. Ich muß an dieser Stelle ergänzen, daß die OSE 1948 verstaatlicht, von der DR übernommen und 1969 stillgelegt wurde. Aus einem Artikel von Rolf Kruse in der Zeitschrift "Der Modelleisenbahner" konnte ich wesentliches zur Geschichte der OSE entnehmen. Eines Tages setzte ich mich dann in mein Auto und fuhr den Streckenverlauf ab. Erstaunt war ich darüber, wie viel von den Hochbauten noch vorhanden war; auch den Bahnkörper konnte und kann man noch größtenteils in der Landschaft erkennen. Die Empfangsgebäude waren noch vorhanden und wurden als Wohngebäude genutzt. In dem Artikel von Rolf Kruse waren auch schematische Gleispläne enthalten; der von Hornhausen erschien geeignet als Einstiegsobjekt in den Modulbau. Der Bahnhof Hornhausen wies nur drei Weichen und eine Gleissperre auf; Güter konnten an der Ladestraße und über eine kombinierte Kopf-/Seitenrampe verladen werden.

In unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Hornhausen, aber schon auf der freien Strecke, befand sich das Anschlußgleis zum Speichergebäude der Firma Hüttig (Ausweichanschlußstelle). Da der Bahnhof Hornhausen auch vergleichsweise kurz war, wurden alle von den FREMO-Kollegen genannten Wünsche erfüllt. Leider lag mir zu der Zeit kein maßstäblicher Gleisplan vor, so daß der Nachbau verkürzt und leider auch verzerrt gegenüber dem Vorbild erfolgte. Das FREMOdul Hornhausen ist weitestgehend fertiggestellt; es fehlen nur noch ein paar Kleinigkeiten - was aber wohl typisch für alle Modellbahnanlagen und -module ist. Bei dem Bau des FREMOduls Hornhausen konnte ich jedoch eine Vielzahl wertvoller Erfahrungen machen - das FREMOdul Hornhausen wurde seit Mitte der 1990er Jahre auf einer Reihe von FREMO-Treffen erfolgreich eingesetzt.

Meine persönliche Beziehung zu Schöningen

Das Interesse an dem Bahnhof Schöningen-Süd rührt daher, daß meine Eltern sowie Großeltern aus Schöningen stammen. Ende der sechziger / Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hatte ich in den Schulferien verschiedentlich die Großeltern besucht und dabei auch den Bahnhof Schöningen-Süd kennengelernt - leider hatte ich zu der Zeit keine Aufnahmen angefertigt. Geblieben sind nur weitgehend verblaßte Erinnerungen an das Empfangsgebäude, dessen nicht mehr genutzte Schalterhalle ich betreten hatte, und an einzelne Waggons, die auf den Gleisanlagen abgestellt waren. Als sich mein Interesse an der Eisenbahn stärker ausprägte und ich auch einen eigenen Fotoapparat besaß, war der Bahnhof "Schöningen-Süd" leider Geschichte und dem Erdboden gleichgemacht worden. Auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände befindet sich heute eine Holzhandlung; die Lage der Gleisanlagen läßt sich jedoch nicht mehr rekonstruieren, sondern allenfalls erahnen. Die Faszination, die von den Gleisanlagen ausging, hat mich seitdem jedoch nicht mehr losgelassen.

Bereits vor vielen Jahren hatte ich den Gedanken gefaßt, den Bahnhof Schöningen-Süd als Modell im Maßstab 1:87,1 wieder aufleben zu lassen. Für einen betriebsorientierten Modelleisenbahner bietet dieser Bahnhof mit den verschiedenen Anschließern (Saline, Gaswerk, Gewerkschaft Sachtleben, Ton- und Hohlsteinwerke, Viehrampe sowie Übergabe zur Staatsbahn) vielfältige Rangiermöglichkeiten. Reizvoll ist auch seine Lage im Bogen, die Tatsache, daß zwei Privatbahnen angeschlossen waren und er relativ kompakt ist - ideale Voraussetzungen für den Nachbau. Die ersten sachdienlichen Informationen zum Bahnhof Schöningen-Süd und zur Braunschweig-Schöninger Eisenbahn wurden der Broschüre "Braunschweig's Eisenbahnen und Straßenbahnen" von Dieter Höltge entnommen. Anhand eines winzigen Bildes versuchte ich die Lage der Gleise zu erforschen - mit mäßigem Erfolg. Obwohl später weitere Fotos in Büchern veröffentlicht wurden, blieben viele Fragen offen. Meine Bemühungen, für den Nachbau einen maßstäblichen Gleisplan aufzutreiben, waren lange Zeit nicht von Erfolg gekrönt. So habe ich mich zunächst einem kleinen Bahnhof der Oschersleben-Schöninger Eisenbahn, dem Bahnhof Hornhausen gewidmet und diesen als FREMOdul nachgestaltet.

Nach mehreren Jahren des Suchens stehen mir mittlerweile einige Kopien von verschiedenen Gleisplänen zur Verfügung, anhand derer der Nachbau erfolgt. Es gibt zwar noch einige Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichen Zeichnungen und Fotos, aber die Hoffnung, alle Diskrepanzen auflösen zu können, habe ich aufgegeben. Da die Gleisanlagen im Verlaufe der Jahre umgebaut wurden und - wie bereits erwähnt - heute restlos entfernt sind, läßt sich die ursprüngliche Gleislage zu einem bestimmten Stichtag nicht mehr eindeutig nachvollziehen. Unter diesen Randbedingungen muß ich mich auf gewisse Kompromisse einlassen; ich gehe aber davon aus, daß niemand mir Fehler nachweisen kann.


© www.spicher-online.de | letzte Bearbeitung: 2012-01-02